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NEUE BEATS

Das steht an

Meraviglia D’Amore/ Commedia dell’ Arte mit Musik

Die Commedia dell’Arte ist ein Stehgreifspiel, dass im Italien des ausgehenden 16. Jahrhunderts entstand. Die darstellenden Figuren sind immer die Gleichen: Harlekin, Pantalon, Polichinelle und andere. Obwohl ihre Charaktere leicht zu durchschauen sind, überraschen sie immer wieder mit unerwarteten Wendungen. Ihr Witz ist derb, ihre Fantasie ungezügelt, wenn nicht gar anzüglich. Ihre Sprache ist international. Kinder wie Erwachsene finden ihren Spaß und lachen in den Spiegel, den ihnen die Komödianten vorhalten. In unsrem Spiel geht es natürlich um die Liebe: Isabella, die Tochter des Pantalon, des reichsten und auch geizigsten Mannes der Stadt, liebt den schönen aber mittellosen Flavio. Den Dienern Arlecchino und Serbenotto gelingt es das Spiel zugunsten der Liebenden zu wenden. Mit Witz und rüdem Charme können sie die Alten an der Nase herumführen und das Paar seiner Bestimmung zuführen. Die Dramaturgie des Spiels folgt den Gesetzmäßigkeiten der Musik. Die Arien, Vilanellen, Folien, Tarantellen, Ciaconen von Claudio Monteverde, Sigismondo D’India, Girolamo Kapsberger und anderen sind das Gebäude, der Bretterboden und Sternenhimmel des Spiels und ihrer handelnden Personen.

Schauspieler: Bärbel Kandziora, Thos Renneberg
Sopran: Olga Pitarch Mampel
Tenor: Stephan van Dyck
Zwei Gitarren, Harfe, Colaccione

LEIDENSCHAFTLICHE LIEBE

Marco Beasley vertraut, gemeinsam mit Pierre Pitzl und dem famosen Ensemble Private Musicke bei allem Wissen um Stil und Technik seinen sängerischen Instinkten. Das Ergebnis ist glutvolles, lebendiges, ungemein reiches Musizieren. Meraviglia d‘amore – das Wunder der Liebe, unter diesem Titel haben der neapolitanische Tenor Marco Beasley und das Ensemble Private Musicke mit seinem Leiter, dem Gitarristen Pierre Pitzl, im Jahr 2001 eine Platte mit italienischen Liebesliedern des 17. Jahrhunderts aufgenommen, die jetzt bei Accent wiederveröffentlicht wurde. Es ist eine hochattraktive, schillernde Mischung von wunderbar sensiblen Liebesliedern von Sigismondo d‘India, Girolamo Kapsberger und Biagio Marini, von dem das titelgebende Stück stammt. Die Sätze sind sämtlich Sammlungen entnommen, die dem ersten Viertel des 17. Jahrhunderts entstammen, durchaus noch durchpulst von kontrapunktischem Erbe, etwa in rhythmisch vertrackten Begleitungen, aber doch schon befreit zur luziden Expressivität der noch jungen Monodie, schon einfacher im Bau, auch mit Süße und feiner Bitternis – edle Liebeslieder eben. Interessant sind vor allem die Beiträge Kapsbergers, der in ähnlichen Programmen üblicherweise als Instrumentalkomponist vertreten ist. Diesen Part übernehmen hier andere, zum Beispiel Frescobaldi, Foscarini oder Galilei. Denn umwoben sind die Liebeslieder von Instrumentalsätzen der Zeit, von der formal vollkommen freien Toccata bis zur strengen Passacaglia.

Unverwechselbar

Getragen wird die Platte ganz wesentlich von Marco Beasley, einem der bemerkenswertesten Vokalisten in der Szene der Alten Musik, auch im üblichen Repertoire, vor allem aber mit dem von ihm mitgegründeten Ensemble Accordone und Christina Pluhars L‘Arpeggiata oder wie hier Pierre Pitzls Private Musicke als programmatisch starker, undogmatischer, auch literarisch begabter Sänger bestents vertraut. Mit ihrem unverwechselbar hellen Timbre ist seine Stimme wie geschaffen für einen immer natürlich wirkenden Erzählton; alles Artifizielle scheint hier fremd – bei freilich hervorragender technischer Beherrschung der Mittel. Beasley ist auch deshalb einer der hervorragenden Protagonisten der älteren Musik, weil er mit der Gabe gesegnet ist, Altes gegenwärtig, selbstverständlich, dringlich sein zu lassen, weit entfernt von verstaubtem Buchwissen und schulmeisterlich korrekter Exekution. Private Musicke ist in der Besetzung mit Pierre Pitzl auf Barockgitarre und Viola da gamba, Luciano Contini auf Erzlaute und Theorbe, Hugh Sandilands auf der Barockgitarre und Claire Pottinger-Schmidt auf dem Violoncello zu erleben. Die im Klang feinen, mit zarter Perkussivität charmierenden Gitarren prägen den Klang; das überschaubare Volumen der Besetzung regt zu kammermusikalischer Geste an, zur Betonung des Fragilen, Feinen. Das Instrumentarium besticht mit einer sehr kultivierten, auf das Wesentliche konzentrierten Gesamtanmutung; Pierre Pitzl liefert immer wieder exzellente, weil technisch wie expressiv bestechende Soli. Das Klangbild ist konzentriert, klar strukturiert und angemessen gestaffelt, in glücklicher Balance, zugleich lebendig und&xnbsp;belüftet. Im schön gestalteten Booklet wird inhaltlich im Grunde zu wenig geboten. Zugutehalten mag man ihm, dass es in seiner kursorisch freien Anlage und den vielen Anspielungen in einem fiktiven Interview sehr zum freien Ansatz der gesamten Platte passt. Wie kaum ein anderer Sänger dieses Repertoires ist Marco Beasley stimmlich unverwechselbar, explorativ, mutig, kundig und zugleich unbefangen, geradezu frei in seiner Wirkung, in der dramatisch aufgeladenen Deutung der Lieder: Er vertraut, gemeinsam mit Pierre Pitzl und dem famosen Ensemble Private Musicke bei allem Wissen um Stil und Technik seinen sängerischen Instinkten. Das Ergebnis ist glutvolles, lebendiges, ungemein reiches Musizieren.

 

Dr. Matthias Lange, klassik.com, 21.6.2017

Interpretation: *****
Klangqualität: ****
Repertoirewert: ***
Booklet: **

„... dass uns hier und heute eine solche Ausnahme-CD (ORF CD 296 Meraviglia D’Amore) vorliegt, eine Offenbarung, eine der selten gewordenen Stunden, in der Alte Musik wieder diese radikale, packende und innovative Wirkung zeigt, wie sie es vor zwanzig oder dreißig Jahren tat. An dieser CD, an einer solchen Interpretation kommt man nicht mehr so einfach vorbei. Denn hier liegt einer der wenigen Glücksfälle in der Musik vor, wo wirklich alles nahtlos passt. Hier stimmt das Werk, die Interpretation, die Idee, die Ausführung. Und hier kommt es zum Idealbild, zur musikalischen Utopia, immer angestrebt, nie erreicht. Heute schon! Die hier vorliegende Interpretation durch Marco Beasley und das 1998 gegründete Ensemble Private Musicke ist herausragend, beispielhaft und setzt Zeichen und Signale. So – und nur so – hat man diese Kompositionen zu spielen. Genauso ist es richtig, stimmig, logisch und wirklich bewegend. Das ist unverwechselbar. Das ist leicht und cremig. Musse hören: Isse Wahnsinn! Ich habe fertig“

Robert Strobl, Toccata Jan/Feb. 03

„Vier Gitarren, genauer: zwei Gitarren, eine Laute, eine Gambe, dazu zwei schlicht-schöne Stimmen. Und: Barockmusik. Mehr braucht es nicht, um die Herzen zu rühren und die Ohren zu streicheln. Wie vergangenen Samstag bei der Eröffnung des St.Pöltener Barockfestivals in der Synagoge. Da entführte Prandtauer-Preisträger Pierre Pitzl mit seiner Privaten Musicke in die Welt der schmachtenden Liebesbriefe, der duftenden Morgengaben und der hingebungsvollen Spaziergänge im Mondschein. Großartig dazu: Olga Pitarchs bezaubernder Sopran und Stephan van Dycks zurückhaltender Tenor. Fazit: Alte Musik – frisch wie ein Mailüfterl!“

Niederösterreichische Nachrichten, Mai 2007

„Ein wahrlich gelungener Auftakt des diesjährigen Barockfestivals: Das Ensemble um Pierre Pitzl - einer der Förderpreisträger für Wissenschaft und Kunst der Stadt St. Pölten 2007 - hat es geschafft, den Charme und Esprit der Comedia dell'Arte zu vermitteln. Olga Pitarch und Stephan van Dyck überzeugten mit ihren gefühlvollen und dichten Interpretationen. Der Handlungsfaden des Abends - eben die Verwirrungen der Liebe um die Hochzeit der schönen Isabella mit dem mittellosen Flavio - wird am Ende durch die List des Arleccino doch noch zu einem guten Ende gesponnen. Die szenische Umsetzung durch Bärbel Kandziora als Isabella und Arleccino und Thos Renneberg als Serbenotto und Flavio ließ den Funken schon bald auf das begeisterte Publikum überspringen.“

Klangweile, 2007

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